Liebe*r , fast jeden Tag erhalten meine Kolleg*innen und ich Hilferufe wegen einer drohenden Abschiebung. Ob Kirchenasyl gebrochen wird oder Erzieher*innen die Kita-Kinder morgens vermissen. Ob kleinen Unternehmen ihre Mitarbeitenden entrissen oder Menschen beim Behördentermin einfach festgenommen und abgeschoben werden: Oft kann unsere Intervention in letzter Minute helfen, viel zu häufig ist es aber auch für uns zu spät. So wie im Fall von Adjete, der seit Jahren hier lebte und arbeitete, einen Ausbildungsplatz sicher hatte – und kürzlich nach Togo abgeschoben wurde.
2024 haben wir ganz klar bemerkt: Die Abschiebepraxis wird immer unmenschlicher, die Debatte immer realitätsferner. Besonders deutlich wird das auch am Beispiel meiner Heimat Syrien.
Ich war wie viele andere Syrer*innen überglücklich zu sehen, dass das Regime von Diktator Assad, vor dem ich 2015 fliehen musste, endlich vorbei ist. Doch die ersten Äußerungen vieler Politiker*innen in Deutschland nur wenige Stunden nach den Ereignissen Anfang Dezember gingen in eine einzige Richtung: Abschiebungen! Teilweise von den gleichen Menschen, die nur Wochen vorher für Abschiebungen noch mit eben jenem Assad zusammenarbeiten wollten.
Das zeigt: Es geht darum, auf dem Rücken geflüchteter Menschen Politik zu machen. Das ist realitätsfern und populistisch. Nach dem Sturz von Assad wurde das Ausmaß der Grausamkeiten des Regimes noch einmal offensichtlich. Und aktuell ist die Lage vor Ort viel zu unübersichtlich und instabil, um ernsthaft in Erwägung zu ziehen, dorthin abzuschieben. Die Abschiebediskussion verunsichert aber viele Menschen, die in Deutschland eine neue Heimat gefunden haben, Arbeitskolleg*innen, Freund*innen und Nachbar*innen geworden sind. Viele haben nun Angst. In den meisten Fällen ist diese jedoch unbegründet, daher haben wir hier erste Hinweise für Syrer*innen veröffentlicht – auch auf Arabisch und Kurmancî.
Wir sind in dieser Debatte kontinuierlich eine Stimme der Vernunft. Lasst uns das auch 2025 gemeinsam bleiben und gegen die Entrechtung von Geflüchteten kämpfen. Auf der politischen Ebene, mit Einzelfallberatung, Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit. Wir sind komplett unabhängig finanziert, daher sind dabei wir aber auf jede Unterstützung angewiesen.
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