Vor 30 Jahren wurde das Grundgesetz geändert, dann brannte das Haus von Familie Genc in Solingen
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30 Jahre »Asylkompromiss«
28. Mai 2023

Liebe Freundinnen und Freunde,

vor genau 30 Jahren wurde mit dem »Asylkompromiss« das Recht auf Asyl, Artikel 16 im deutschen Grundgesetz, entkernt und de facto abgeschafft. Hunderttausende sind damals mit uns aus Protest auf die Straßen gegangen. Heute droht ähnliches auf europäischer Ebene, in noch schlimmerer Dimension. Auch dagegen haben wir ganz kurzfristig am Freitag mit über 1.000 Menschen in Berlin demonstriert: Kein Asylkompromiss 2.0! Vielen Dank an alle die dabei waren.

Nur drei Tage nach der Grundgesetzänderung brennt in Solingen das Haus von Familie Genç. Fünf Menschen sterben. Damals wie heute kann politische und mediale Stimmungsmache nicht unabhängig von rechtsextremen Anschlägen und Gewalttaten betrachtet werden. Heiko Kauffmann war nach dem Anschlag am 29. Mai 1993 sofort für PRO ASYL vor Ort und erinnert sich:

»Kein Satz bringt diesen Zusammenhang klarer und unmittelbarer zum Ausdruck als die Worte, die ich am Pfingstmontag 1993 auf dem Weg zum Haus der Familie Genç an der Unteren Wernerstraße in Solingen entlang einer Mauer aufgesprüht fand und die sich – mit dem Brandgeruch und dem Bild der Ruine des Hauses der Familie – für immer in mein Gedächtnis eingebrannt haben: ERST STIRBT DAS RECHT – DANN DER MENSCH!«
(Heiko Kauffmann, viele Jahre lang Sprecher von PRO ASYL)

Gleiches gilt auch heute, für die Situation an den europäischen Außengrenzen. Mit der immer weiter fortschreitenden Entrechtung von Schutzsuchenden wird dort auch immer brutaler gegen Menschen vorgegangen, wie am kürzlich von der New York Times dokumentierten Pushback zu sehen ist, als sogar Babys vom griechischen Festland durch die Küstenwache zurück aufs offene Meer geschleppt und ausgesetzt wurden.

In diesem Newsletter haben wir euch Infos zu den Ereignissen der Jahre 1992 / 1993 zusammengetragen und ziehen die Verbindung zur jetzigen Situation. Wir wissen, dass sehr viele von Euch schon bei den Protesten in Bonn dabei waren und seither an unserer Seite stehen. Damals wurden viele Menschen Fördermitglied bei PRO ASYL und sind es bis heute. Das ist großartig: Nur so können wir weiterhin als starke Stimme für die unveräußerlichen Menschenrechte kämpfen!

Vielen Dank für Eure Unterstützung!

Euer PRO ASYL - Team

»Asylkompromiss«: Eine Rückschau
Im November 1992 protestierten Hunderttausende in Bonn. Foto: imago / Jürgen Eis
CDU/CSU, FDP und SPD schlossen vor rund 30 Jahren den sogenannten Bonner »Asylkompromiss« - trotz aller Proteste aus der Zivilgesellschaft. Wir haben Bilder, Videos, Zeitungsberichte, Protestaktionen und vieles mehr aus den Debatten in den Jahren 1992 und 1993 zusammengetragen.
Erst stirbt das Recht, dann der Mensch: 30 Jahre nach Solingen
Foto: Heiko Kauffmann
Die Grundgesetzänderung und der rassistische Mordanschlag von Solingen: Beide Ereignisse können nicht unabhängig voneinander betrachtet werden - ebensowenig wie die Aushöhlung von Menschenrechten und rechter Terror heutzutage. Ein Kommentar von Heiko Kauffmann.
»Hunderttausende waren auf der Straße«
Günter Burkhardt im Interview
Günter Burkhardt erinnert sich an die großen Proteste der Jahre 1992 / 1993 und sagt: "Was 1993 mit dem deutschen Asyl-Grundrecht passiert ist, wiederholt sich jetzt auf europäischer Ebene: In einer weitaus schlimmeren Dimension!"
Es gibt nur EINE Menschenwürde: AsylbLG abschaffen!
Protestaktion vor dem Bundesverfassungsgericht im Jahr 2012. Foto: Angelika von Loeper
Vor 30 Jahren beschloss der Bundestag parallel zur Grundgesetzänderung auch das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Zum traurigen Jahrestag fordern nun rund 200 zivilgesellschaftliche Organisationen endlich die Abschaffung dieses diskriminierenden Sondergesetzes und die sozialrechtliche Gleichbehandlung von Geflüchteten!
Weiter protestieren: Kein Asylkompromiss 2.0!
Die Auseinandersetzung ums deutsche Grundrecht auf Asyl haben wir 1993 verloren. Danach waren es europäische Normen und Konventionen, auf die sich Geflüchtete berufen konnten. Heute werden auch diese zur Disposition gestellt - dagegen kämpfen wir! Knapp 10.000 Protest-Mails wurden schon versendet. Leider haben viele noch nichts von den Plänen mitbekommen! Bitte teilt die Aktion also weiter, protestiert auf Twitter oder schafft anderswo Öffentlichkeit!
Headerbild: Großdemonstration in Bonn gegen die Grundgesetzänderung. imago / Sepp Spiegl
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